Canossasäule

Ein Canossagang ist ein Bittgang der schwerfällt, aber von den äußeren Umständen her unvermeidlich ist.

Die Canossa-Säule auf dem Burgberg

Von Klaus Röttger

die Canossa-Säule steht auf der Höhe des Burgbergs und grüßt weit ins Land hinein. Bei Dunkelheit wird sie seit einiger Zeit wieder angestrahlt und ist damit besonders augenfällig. Das 19 Meter hohe Denkmal wurde zu Ehren des Reichsgründers Bismarck errichtet, darum trägt es auch den Namen Bismarckstein. Die Enthüllung erfolgte am 26. August 1877 bei strömendem Regen, wie der Chronist zu berichten weiß.

Die Canossasäule war das Ergebnis der seinerzeit den Höhepunkt erreichenden Bismarckverehrung. Besonders der Bergwerksdirektor Wilhelm Castendyck tat sich hier hervor und war einer der Initiatoren des Denkmals. Das an der Säule angebrachte Relief Bismarcks wurde von Professor Engelhardt in Hannover modelliert und von Professor Howaldt aus Braunschweig gegossen.

Was die Säule von anderen Bismarckdenkmälern unterscheidet, ist die Verewigung des unstrittenen Bismarckwortes während des so genannten Kulturkampfes: ,,Nach Canossa gehen wir nicht“. Der Reichskanzler hatte es am 14. Mai 1872 im Reichstag ausgesprochen. Das vielfach fehlinterpretierte Wort spielte auf den Bußgang Kaiser Heinrichs IV. zum Papst an. Zu diesem Kaiser Heinrich gibt es in Bad Harzburg eine besondere Beziehung. Er hatte in den 60er Jahren des 11. Jahrhunderts auf dem Burgberg eine gewaltige Reichsburg erbauen lassen, die allerdings heute fast völlig verschwunden ist.

Am 20. September 1883 erfuhr das Ehrenmal eine künstlerisch stark umstrittene Ergänzung. An diesem Tage wurden zwei, wiederum von Professort Engelhard modellierte Walküren links und recht neben der Säule aufgestellt. Anfangs hatte das Denkmalskomitee zwei ,,Wilde Männer“, die sich sowohl im damaligen Braunschweiger als auch preußischen Wappen fanden, geplant. Damit war der Künstler aber nicht einverstanden, und weil er die Figuren mehr oder weniger schenkte, kamen die Schlachtenjungfrauen zur Ausführung. Die Modelle waren vorher in einem Schuppen ausgestellt worden. Von den Eintrittsgeldern wurden die Ausgaben des Künstlers bezahlt. Die beiden Damen thronten etwa 30 Jahre neben der Säule, dann waren die in Zinkguss hergestellten Figuren so verrottet, dass die abgebaut und verschrottet werden mussten. Ein Kopf wurde allerdings noch jahrlang im Burgbergmuseum ausgestellt. Er ist heute aber auch nicht mehr vorhanden.

Im Jahre 1895 hat die Stadt Bad Harzburg den Fürsten Otto von Bismarck zum Ehrenbürger ernannt. Zwei Jahre später wurde sogar ein damals noch im Bau befindlicher Straßenzug in Bismarckstraße umbenannt. Bismarck starb am 30. Juni 1898 in Friedrichsruh ohne jemals der Kurstadt einen Besuch abgestattet zu haben.

Historische Hintergründe

Das von GREGOR VII. erlassene „Dictatus Papae“ besagte, dass der Papst der oberste Herr der Christenheit wäre, seine Macht sollte sogar so weit reichen, selbst Könige absetzen zu dürfen. Das Motto lautete: „Alle Reiche sind Lehen des Petrus“.

Das löste den sogenannten Investiturstreit (1075/76–1122) aus, in dessen Zentrum die Frage stand, wer berechtigt sei, Bischöfe oder Äbte in ihre Ämter einzusetzen. (Einsetzung = lat.: investitura).

Respektlos richtete sich König Heinrich IV. Appell „… an Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch …“. Heinrich betrachtete sich selbst als Gesalbter des Herrn und forderte: „So steige du denn, der du verdammt bist, herab, verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast … Ich, Heinrich, durch Gottes Gnade König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab!“

In der Auseinandersetzung, wer das eigentliche Oberhaupt der Christenheit sei, greift Papst Gregor VII. zum äußersten Mittel und exkommuniziert Heinrich IV. Der Bannspruch war etwas Einmaliges, völlig Undenkbares: [Ich] „… spreche König Heinrich … der Regierung des ganzen Königreichs der Deutschen und Italiens ab, löse alle Christen von den Fesseln des Eides, den sie ihm geleistet haben … und verbiete jedermann, ihm als König zu dienen“.

Mit diesem Bannspruch entbindet Papst Gregor VII. Heinrich IV. von seiner Herrschaft über das Reich, außerdem löst er alle Christen von dem Eid, den sie auf den König geleistet haben. Die Folgen sind gravierend: Die Fürsten im Reich verweigern Heinrich die Gefolgschaft. Heinrich IV. hat keine andere Wahl. Im Winter 1077 muss er über die verschneiten Alpen nach Canossa ziehen. Nur von wenigen Getreuen begleitet.

Ehrliche Buße oder leeres Ritual?

Papst Gregor flüchtet in die Burg Canossa, um der Begegnung mit Heinrich aus dem Weg zu gehen. Dort aber hat der König mächtige Fürsprecher. Die Markgräfin der Burg Canossa, Mathilde von Tuszien und Heinrichs Taufpate Hugo von Cluny versuchen, Gregor davon zu überzeugen, die königliche Buße anzunehmen. Denn eigentlich wird im Mittelalter vorher über das Ritual der Unterwerfung verhandelt. Bezeugt ist jedenfalls, dass Heinrich am 25. Januar 1077 das Bußritual beginnt. Drei Tage lang lässt Gregor den König barfuß und im Büßergewand im Schnee stehen. Endlich, am vierten Tag, entscheidet sich Gregor, Heinrich zu vergeben und ihn wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen. Als taktischer Sieger geht Heinrich aus der Auseinandersetzung hervor, doch wurde der Gang nach Canossa zum Symbol für den Sieg der geistlichen über die weltliche Macht.


Quellen:
Schülerlexikon: Gang nach Canossa
Planet Wissen: Die Salier | Autorin: Sabine Kaufmann
relilex.de
Harzer Wandernadel-Stempelstellen